Jerzy Łuczak - Rezensionen

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Flüstern im Nebel (Barbara Gałężewska)

Worte dieser Gebete sind in keinem Tempel und auch durch keinen auf Knien liegenden, demutsvollen, ausgeruhten und gegen Lärm der Welt immunen Mönch ausgesprochen. Dies ist auch kein ostentatives Geschrei vom Gedränge während einer Demo. Jerzy Łuczak schafft seine Werke mit Bescheidenheit, sich seiner und ihrer Unvollkommenheit bewusst. Sie strahlen sonderbare Kraft aus, die vielleicht daraus resultiert, dass man vor Anderen eigene Unvollkommenheit, Unentschiedenheit und Sicherheit des Lebenssinnes entdeckt. Aber, wenn der erste Eindruck vergangen ist, sind wir uns dessen bewusst, dass am lautesten nicht die sprechen, die schreien. In Zeiten der Konkurrenz um jeden Preis, Lärms, wo Form wichtiger als der Inhalt ist, wird plötzlich das Geflüster zum Geräusch, das berührt und Menschen für eine Weile hält. Es stellt sich heraus, dass unsere Sinne und Körper unempfindlich und immun gegen Lärm, Gedränge, Geschreie plötzlich überwältigt und wehrlos sind, wenn Stille kommt. Werke von Łuczak, obwohl wegen Format nicht so gross, scheinen monumental zu sein. Ihre Kraft steckt im Geist und Mangel an Buchstäblichkeit. Helle, strahlende Bilder, wie Kalenderblätter, bedeuten einzelne Tage, verkörpern Gedanken, Sorgen, Freude, Zweifel. Sie sind wie ganz kleine Fenster auf dem Dachboden, wodurch Silbermond einer frostigen Nacht blickt. Dieses Licht ist sanft, unsicher, wie Flügel eines weissen Vogels, die faul ihren Flug auf dem Himmel zeichnen und aus der Dunkelheit Geheimnisse eines Menschen hervorbringen. Manche der Zeichnungen zeigen konzentrierte, statische, etwa nachdenkliche menschliche Gestalten. Sie scheinen seit Ewigkeiten zu bestehen, durchwebt mit strahlender, sanfter, flüchtiger Linie, wie Spinnwebe. Sie sind etwa wie Geister der Gebete oder Erlebnisse, berufen ins Leben in menschlicher Form, die vorschreiben Zeugnisse über intime Wahrheiten zu geben. Manchmal zeigen sie Ärger, woanders Rache und Strafe im Kampf zwischen feurigen Engeln aussehend wie Flachreliefs aus griechischem Tympanon, voller Emotionen und Kraft. Oder Gericht und Busse. Aus dem Nebel blicken Herrscher und Untertanen, Richter und Verurteilte, Kampfsieger und Verlierer. Es gibt Gottgestalt oder Heros, die in Ruhmwolke steht und zu ihrer Füssen erstreckt sich weites Land mit Städten, Bergen und Ozeane. Manchmal ist dieser unendliche Raum leer, etwa still in Erwartung auf etwas oder jemand. Dies ist Kindheitserinnerung. Aus dem Nebel der Vergessenheit entsteht Kinderspielplatz, kalt und leer. Diese kleine Werke von Jerzy Łuczak als Folge riesiger Realisierung verursachen frappierenden Eindruck, dass Raumskala nicht festzustellen ist. Es ist unbekannt, ob es unendliche Meeresweite ist oder Fragment von einem leeren, engen Werkstattraum. Ob die aus dem Mondlicht geschaffenen unmenschlich riesigen Gottesgestalten sind, die über alle Welt stehen, mit denen wir einfache Menschen nicht vergleichen werden können oder sind das eher Spielzeuge in Händen eines Kindes. Wir sind uns hier nur des Eindrucks unserer Abwesenheit und Mangel an Kontakt zu Anderen sicher. Die nur auf sich selbst konzentrierten Jenseitsgestalten scheinen den Geistern von vergangenen Gesprächen, Gedanken und Gefühlen zu ähneln. Konzentriert leben sie nur in ihrer eigener Welt, zu der wir keinen Zugang haben. Im Umgang mit diesen Gestalten fühlen wir uns entfremdet, obwohl wir uns dieser Welt nähern können, wenn wir nur uns innerlich beruhigen und unsere Ohren für das Flüstern offen halten.

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